Eine translinguale Begriffsgeschichte chinesischer Welten (諸多“世界”的概念:跨語際概念史)
Dieses Projekt analysiert, wie spezifische Begriffe und Konzepte Welten erzeugen. Begriffe können, je nach Standpunkt, korrigiert oder verzerrt werden und sie erzeugen – intendiert oder nicht – Welten, indem sie zerlegt und neu zusammengesetzt, unterschiedlich gewichtet oder in partikular ausgerichteten Diskursen immer neuen semantischen Feldern zugeordnet werden (Goodman 1978, 7–17). Wie laufen diese Prozesse der Welterzeugung im Einzelnen ab? Welche Rolle spielen sprachenübergreifende Verflechtungen? Wie wird Zukunft bewusst und unbewusst durch die Nutzung bestimmter Begriffe geformt?
Das Projekt setzt drei Schwerpunkte:
1) Für das semantische Feld „Welt“ existieren in der chinesischen Sprache eine Vielzahl unterschiedlicher Begriffe (darunter shijie 世界, tianxia 天下, datong 大同, quanqiu 全球 und viele mehr). Wie werden diese Begriffe für „Welt“ im Chinesischen verwendet und welche Vorstellungen von Welten erzeugen sie?
2) Zudem rückt das Projekt chinesische Schlüsselbegriffe bestimmter Themenbereiche in den Fokus (z.B. der Globalgeschichte, der Weltgesundheit, der Wissenschaftsgeschichte oder der Philosophie etc.) und untersucht dabei ihre Auswirkung auf chinesische „Welt“-Konzepte.
3) Das Projekt verbindet die kritisch-analytische (Welt-)Terminologie, die in den jeweiligen Verbundstandorten entwickelt werden, darunter soziale Welten (Berlin), Weltordnungen (Göttingen) und Lebenswelten (Heidelberg).
Unsere Methoden und unsere Herangehensweise sind translingual, inspiriert von Lydia Lius Translingual Practices (1995) und nehmen Bezug auf jüngste Anstrengungen der begriffsgeschichtlichen Forschung über die Grenzen spezifischer sprachlicher Räume hinaus zu denken (wie etwa noch in Brunner, Conze, Koselleck Geschichtliche Grundbegriffe (1972-1990)) und im Dialog mit chinesischen Wissenschaftlern Begriffsgeschichte global zu denken (Sun 2012; 2018; Pernau und Sachsenmeier 2016) sowie über die Grenzen der Disziplinen einen Dialog zu ermöglichen (Maissen und Mittler 2018).
Brunner, Otto, Werner Conze, and Reinhart Koselleck, eds. 1972-1997. Geschichtliche Grundbegriffe: Historisches Lexikon Zur Politisch-Sozialen Sprache in Deutschland. 8 vols. Stuttgart: Klett-Cotta.
Goodman, Nelson. 1995 [1978]. Ways of Worldmaking. 7th ed. Indianapolis: Hackett.
Liu, Lydia He. 1995. Translingual Practice: Literature, National Culture, and Translated Modernity - China, 1900-1937. Stanford: Stanford University Press.
Maissen, Thomas, and Barbara Mittler. 2018. Why China Did Not Have a Renaissance - and Why That Matters: An Interdisciplinary Dialogue. Berlin: De Gruyter Oldenbourg.
Pernau, Margrit, and Dominic Sachsenmaier. 2016. “History of Concepts and Global History.” In Global Conceptual History: A Reader, edited by Margrit Pernau and Dominic Sachsenmaier, 1–16. London: Bloomsbury.
Sun Jiang 孙江. 2012. “Gainnian, gainianshi yu zhongguo yujing 概念、概念史与中国语境 (Concepts, Conceptual History and the Chinese Language).” Shixue yuekan 史学月刊 (Journal of Historical Science) 9: 5–11.
Sun Jiang 孙江. 2018. “Gainanshi yanjiu de Zhongguo zhuanxiang 概念史研究的中国转向(China‘s Turn of Conceptual History Research).” Xueshu yuekan 学术月刊 (Academic Monthly) 10: 150–74.